Die Hochschule Kempten war am 12. und 13. September Treffpunkt der vom Zentrum für Lebensmittel- und Verpackungstechnologie e. V. (ZLV) organisierten Tagung. Erneut kamen über 170 Teilnehmende an die Stadt an der Iller, um sich über die aktuellen Verpackungsthemen zu informieren. Hierbei standen die EU-Verpackungsrichtlinie PPWR und Nachhaltigkeit besonders im Fokus. Die Begrüßung übernahmen Prof. Dr. Markus Prem von der Verpackungstechnologie der Hochschule Kempten und Thomas Lux vom ZLV.
Von Dr. Jörg Häseler
Spannende Einblicke lieferte gleich zu Beginn Prof. Dr. Markus Schmid, Leiter des Sustainable Packaging Instituts der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Er thematiesierte intensiv die zukunftsorientierten Verpackungsstrategien, wobei er auf die Herausforderung einging, Verpackung zukunftsfähig und damit nachhaltiger zu gestalten, und zudem nach seinen Aussagen in diesem Kontext die Betrachtung des gesamten Systems erforderlich ist. Die meisten Ressourcen des Systems sind mit dem Packgut und nicht mit dem Packmittel verbunden. Oft denkt jedoch der Verbraucher, dass der Anteil deutlich höher ist. Von dieser Warte aus betrachtet, erscheint gerade die stärkere Nutzung biogener Rohstoffe anstelle von fossilen sinnvoll. Diese Verschiebung führt jedoch nicht zwingend zu einer Umweltentlastung, sondern eher zu einer Lastenverschiebung, erläuterte er. Für eine zukunftsfähige Verpackung ist es seiner Meinung nach notwendig, zu einer kreislauforientierten Bioökonomie zu gelangen.
Als sehr gute Innovation im Programm erwies sich der von Thomas Glase, Futury GmbH, moderierte Part. In Form von Best Practices wurde die Kooperation von Start-ups und der Industrie eindrücklich vermittelt. Wie Verpackungen nachhaltig transformiert werden können, führten Vivian Loftin, Co-Founder und Managing Director der Recyda GmbH, und Jürgen Dornheim, Director Corporate Packaging, Innovation & Sustainability von Procter & Gamble, vor. Die Recyda GmbH unterstützt mithilfe einer Software dabei, die Digitalisierung als Teil eines Lösungsansatzes, um Nachhaltigkeitsanforderungen zu ermitteln, umzusetzen. Die Software schafft schnell die Transparenz bezüglich der Daten zum Packaging für Unternehmen, um die Recyclingfähigkeit zu optimieren.
Neue Mehrwegsysteme in Form eines Edelstahlbechers stellte Maximilian Bannasch, Co-Founder & CEO der circolution GmbH, im zweiten Beispiel vor. Er übernahm auch den Part von Bernd Büsing, Corporate Packaging Lead der Nestlé Deutschland AG. Der mit 2,50 Euro bepreiste Behälter mit einem Volumen von 750 ml kam in der Testphase beim Endkunden bestens an. Er ist durchaus bereit, diesen Betrag zu zahlen. Das Sammelsystem im Einzelhandel muss hierzu auch nicht immens erweitert werden.
Die optimale Nutzung der Ressourcen und Potentiale durch digitale Lösungen brachte Dominik Rotter, Senior Director Business Models & Processes bei der Multivac Sepp Haggenmüller SE & Co. KG, näher. Neben der Transparenz zum Ressourcenverbrauch können diese auch ungenutzte Potenziale aufdecken und damit die Grundlage für Optimierungen bieten. So können kleine Verschleißteile wie Ventile durchaus zu hohen Kosten führen. Durch intelligente Maschinensoftware kann dies erkannt werden und letztendlich auch kostbare Energie eingesparen.
Die Einsatzmöglichkeiten der Millimeterwelle in der Verpackungsindus-trie erläuterte Andreas von Lösecke, Product Management Microwave Imaging von der Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG. Dieses nicht ionisierende Bildgebungsverfahren ermöglicht eine schnelle und präzise Überprüfung gerade verpackter Produkte. Er zeigte Lösungen auf, wobei er nicht vergaß, die Grenzen aufzuzeigen.
Im Rahmen seine Vortrags „Innovative und effiziente Verpackungslösungen für ein nachhaltiges Markenerlebnis“ zeigte Dennis Grotian, Technical Service Manager bei der Metsä Board Deutschland GmbH, wie sich Trends und Konsumentenverhalten auf die Karton- und Verpackungsindustrie auswirken. Er zeigte an einem Beispiel auf, wie sich ein renommierter Süßwarenhersteller vom mehrschichtigem Design mit einer PE-Kunststofflage, die die Schachtel bedeckte, getrennt und zu einem dispersionsbeschichteten Barrierekarton gewechselt hat.
Wie mithilfe des Recyclings von EVAL EVOH und recyclingfreundlichen Folienaufbauten Erfolge generiert werden können, erläuterte Jochen Standfuß, Account Manager bei der EVAL Europe N. V. Derartige Monomaterialverbunde können als Alternative zu konventionellen Barrierefolien eingesetzt werden. Durch Variation des Ethylenanteils kann so u. a. die Sauerstoffdurchlässigkeit beeinflusst und damit die Schichtdicke reduziert werden.
Der erste Tag endete traditionell mit der Verleihung des mit 500 Euro dotierten ZLV-Förderpreises. Dieser ging in diesem Jahr an Adriana Bartenschlager für ihre Bachelorarbeit im Fachbereich Lebensmittel- und Verpackungstechnologie an der Hochschule Kempten zum Thema „Untersuchung des Einflusses verschiedener Stärken und Weichmacher auf die Filmeigenschaften in Edible Coatings“, die von Prof. Dr. Kajetan Müller vom betreut wurde. Laudator war Peter Stober, Geschäftsführer EK-Pack Folien GmbH, Ermengerst-Wiggensbach.
Dr. Bassel Ibrahim, Netzwerk- und Projektmanager in der Abteilung Nachhaltigkeit der EurA AG, legte dar, wie Ökobilanzen als Instrument zur Entscheidungsunterstützung genutzt werden können. Am Beispiel des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekts „Mobile“ veranschaulichte er das Vorgehen bei einer ökologischen Bewertung, deren Basis die nichttriviale Festlegung der Ziele ist. Hier heißt es, bei Bedarf auch nachzusteuern.
Das nachhaltige Verpacken mit innovativen Lösungen aus der Wissenschaft präsentierten Prof. Dr. Christine Borsum, stellv. Wissenschaftliche Leitung Klevertec, Forschungszentrum Allgäu, und Christian Zeberle, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Hochschule Kempten. Beide zeigten auf, wie wichtig die Vernetzung der Fachdisziplinen ist. Vonseiten des Lebensmittels werden so z. B. durch eine Kombination von physikalisch-chemischen und humansensorischen Methoden Grenzwerte für die Sauerstoffaufnahme ermittelt. Zusätzlich unterstützen Simulations- und KI-Ansätze ein tieferes Prozessverständnis, das zunächst im kleinen Maßstab validiert und später auf eine reale Anlage übertragen werden soll.
Zu guter Letzt: Das nächste ZLV-Verpackungssymposium soll am 11. und 12. September 2025 wieder in Kempten stattfinden.