Die Tagung am 13. und 14. Juni in Hamburg war wieder ein voller Erfolg. Das Symposium, in dessen Rahmen den 180 Teilnehmenden aus der Industrie neueste Erkenntnisse der Kakaoforschung durch Forschenden führender Einrichtungen vorgestellt wurden, sucht seinesgleichen. Der hohe Anteil an Diskussionsmöglichkeiten zeigte sich erneut als Vorteil dieser Veranstaltung und machte das Event zur Plattform für Forschung und Industrie.
Von Dr. Jörg Häseler
Zur Tagung begrüßten Aldo Cristiano (Vorsitzender der Stiftung der Deutschen Kakao- und Schokoladenwirtschaft) und Dr. Daniel Kadow (Programmdirektor des Runden Tisches Kakao Hamburg) das Auditorium. Cristiano eröffnete die Vorträge mit seinen Ausführungen zum Motto der Tagung „Empowering Knowledge Transfer“.
Herausragender Punkt war die Entwicklung der Kakaopreise, die in den vergangenen Monaten einen dramatischen Anstieg erlebt haben. Im Rahmen des Eröffnungsvortrags von Felix Christiansen (H.C.C.O Hanseatic Cocoa & Commodity Office GmbH) wurde auf die zentralen Ursachen hierfür geblickt. Wichtiger Grund sind Ernteausfälle, die zum Teil krankheitsbedingt sind, weswegen widerstandsfähige Kakaobäume eine Lösung darstellen können. Den klimatischen Änderungen sollte mit präzisen Vorhersagen begegnet werden. Der Markt sollte sich normalisieren, denn an den Börsen wird zum 40-Fachen der Kakaoernte gehandelt. Als letzte Möglichkeit sieht er regulatorisches Vorgehen.
Im Vortrag von Dr. Wilma Hart (School of the Environment, University of Queensland, Australien) ging es um die Kartierung von Kakao-Agroforstsystemen aus dem Weltraum. Sie berichtet ebenso über den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) zur Messung der Schattenbaumdichte und der Kohlenstoffspeicherung und das ungenutzte Potenzial der Kakao-Agroforstwirtschaft für eine nachhaltige Kakaoproduktion in Westafrika. Diese Beschattung führt zwar durchaus zu geringeren Erntemengen, jedoch wiegen die Vorteile, z. B. in Form der klimatischen Verbesserungen, diese Nachteile auf.
Weitere Vortragende zeigten auf, wie die Kakaoforschung dazu beitragen kann, Ernteausfällen und resultierenden Versorgungsengpässen mittel- bis langfristig vorzubeugen. Hierfür ist eine Verbesserung der Kommunikation zu Forschungsergebnissen nötiginsbesondere mit den Kakaofarmern. Darüber hinaus wurde vor dem Hintergrund der geplanten Höchstwerte für MOAH über die Fortschritte der Technischen Arbeitsgruppe zu MOH berichtet und ein Benchmark Level für MOH in Jutesäcken vorgeschlagen. Hierzu äußerten sich Michiel Kokken (Global Head of Regulatory and Scientific Affairs Cocoa, Ofi, Niederlande) und Aleksandra Gorska (Chemistry for Sustainable Food and Environmental Systems, University of Liège, Belgien) In ihrer Zusammenfassung legten sie dar, dass mehr Proben unerlässlich sind. Sie stellten zudem fest, dass die Bestimmung des Unverseifbaren für die Beurteilung der Einhaltung von MOH-Werten in Jutesäcken, insbesondere für MOAH, ungeeignet ist.
Spannende Einblicke lieferten Dr. Andreanna Welch (Department of Biosciences, Durham University, UK) und Dr. Sarah Arnold (National Institute of Agricultural Biology (NIAB), East Malling, UK). Anhand ihrer Erkenntnisse über die Bestäubungmeist Fliegen und Mückenbei Kakao können gezielt weitere Forschungen zur Ökologie angegangen werden. Im Austausch von Ideen mit Kakaofarmern kann eine nachhaltige Bewirtschaftung von Kakaobestäuberbeständen für höhere Erträge sorgen.
Neueste Ergebnisse des Einflusses der Fermentation, der Trocknung und der Lagerung auf die Bildung wichtiger Fehlaromasubstanzen in Kakao thematisierte Dr. Martin Steinhaus (Food Metabolome Chemistry, Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LBS)). So wurden hohe Geosmin-Konzentrationen mit feuchten Hotspots in Verbindung gebracht, aber nicht umgekehrt und nicht unbedingt mit Schimmel. Weiterhin führt eine schnelle Trocknung zu hohen Gehalten an Essigsäure
In mehreren Vorträgen ging es um die Qualität des Kakaos. So berichtete Dr. Christina Rohsius (Head of Department Cocoa and Research, Rausch Management GmbH). Ihr Unternehmen legt großen Wert auf die Differenzierung zwischen Edel- und Konsumkakao, wobei es bei den derzeitigen Preisen auch beim Konsumkakao hoch hergeht. Im entsprechenden Annex C des relevanten Agreements sind einige Länder gelistet, die Edelkakao produzieren. In der Diskussion wurde darauf verwiesen, dass eine Lösung Herkunftsschokoladen sein könnten. Der analytische Nachweis wird bei der Differenzierung der beiden Kakaosorten schwerfallen, erst recht, wenn es um Verfälschungen und Streckungen geht.
Dr. Darin Sukha (Cocoa Research Centre, The University of the West Indies, Trinidad and Tobago) und Dr. Andreas Dunkel (Integrative Food Systems Analysis, LBS) präsentierten ihre Forschungsergebnisse, die in einer Trinidad-Kakao-Flavour-Landkarte mündeten. Ein besonderer Fokus lag dabei auf fruchtigen Noten sowie auf Fehlaromen.
Der Flavour-Analyse 4.0 in der industriellen Kakao-Qualitätsdefinition ging Prof. Dr. Erica Liberto (Food Chemistry, University of Turin, Italien) nach. Mittels komplexer analytischer Methoden und unter Anwendung KI möchte sie die Analyse der sensorischen Eigenschaften voranbringen. Ihr Ziel ist die Verbesserung der Kakaoqualität und damit verbunden die Unterstützung von Entscheidungsprozessen, die wesentlich zur Steigerung der Effizienz, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit im globalen Kakaomarkt beitragen. Beim Einsatz der Techniken, so wurde angemerkt, sollte die Artefaktbildung ausgeschlossen werden.
Es war wieder ein gelungenes Treffen der Branche. Nun heißt es zwei Jahre warten, denn der 12. Runde Tisch Kakao findet am 11./12. Juni 2026 wieder in Hamburg statt – dann vielleicht mit 200 Teilnehmenden.
http:// www.rundertischkakao.de