Die Referenten und Teilnehmer der IVLV Zukunftstage „Verpackung” in Freising waren sich einig, dass strengere Vorgaben von Seiten der Politik das Engagement und das Tempo von Forschung, Wissenschaft und Industrie forcieren werden, um Verpackungen nachhaltiger zu machen. Die Veranstaltung zeigte eine wahre Flut an innovativen Ansätzen und Projekten in den Bereichen Recycling und Kreislauffähigkeit, Beschichtungs- und Barriere-Technologien sowie nachhaltige Verpackungsmaterialien, insbesondere Papierverpackungen.
Von Alfons Strohmaier
Klar war den Zuhörern jedoch auch, dass angesichts der vielen unterschiedlichen Lösungen die Industrie am Ende entscheiden wird, welche Konzepte skalierbar und im Alltagsgeschäft praktikabel sind. Die Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung e.V. (IVLV) spielt hierbei als Netzwerk und Verbindungsglied zwischen Wissenschaft, Forschung und Industrie eine wichtige Rolle, wie Dr.-Ing. Tobias Voigt, Geschäftsführer der IVLV,
in seiner Begrüßungsrede betonte. Auch die Veranstaltung in Freising, die bis auf den letzten Platz ausgebucht war, unterstreicht, wie enorm wichtig der Austausch angesichts der aktuellen Situation mit politischem Druck, volatilen Rohstoffmärkten und eventuell eingeschränkter Lieferfähigkeit ist. Gekonnt führten die Moderatorinnen Elena Jäger, Associate Principal Scientist – Global Packaging bei Mondelez International und Obfrau der IVLV-Arbeitsgruppe Verpackungsmaterialien, sowie Swantje Eissing vom Fraunhofer IVV, wissenschaftliche Ansprechpartnerin der AG, durch die beiden Konferenztage, die mit einem bunten Strauß an neuen Forschungsprojekten, aber auch vielen innovativen Beispielen aus der Praxis von Unternehmen voll ausgefüllt waren.
Den Rahmen für den Diskurs gaben Prof. Dr. Jens-Peter Majschak, Institutsleiter des Fraunhofer IVV, der grundsätzlich die Herausforderung für Forschung und Industrie in punkto nachhaltiges Verpacken mit kreislauffähigen Systemen skizzierte. Anna Kerps vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheit und Energietechnik UMSICHT gab einen Überblick zum Status quo bei der ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungen und zeigte neue Ansätze im KI-Anwendungshub. Auch Prof. Dr. Horst-Christian Langwoski, der über Jahrzehnte auf dem Gebiet der Verpackungstechnik für Lebensmittel forschte, widmete sich der Frage, wie wir auch in Zukunft leistungsfähige und nachhaltige Verpackungen herstellen können. „Bei Verpackungen bauen wir auf dem auf, was wir schon vor Jahrzehnten begonnen haben”, sagte Langowski. Zur Funktion als zentrales Kriterium kommen jetzt Recyclingfähigkeit und Rezyklateinsatz als entscheidende Punkte hinzu. Demnach werden Forschung und Entwicklung für kreislauffähige Barrieresysteme weiter an Bedeutung gewinnen, betonte der Experte, wobei exakte gesetzliche Vorgaben zur Umsetzung nötig seien.
Wie diffizil die Umsetzung von politischen Vorgaben ist und wie viele Unklarheiten in den Entwürfen zu verschiedenen Interpretationen und Diskussionen führen, verdeutlichte IK-Geschäftsführerin Dr. Isabell Schmidt, die den aktuellen Stand der PPWR Packaging & Packaging Waste Regulation der EU im Detail vorstellte. Aus Sicht der Kunststoffindustrie gebe es im jetzigen Entwurf nach dem Trilog-Verfahren eine Diskriminierung von Kunststoffverpackungen vor allem im Vergleich mit kunststoffhaltigen Verbunden sowie den Ausnahmen für andere Materialien, die nicht begründet und rechtlich angreifbar seien.
Brandaktuelle Entwicklungen aus der Praxis zeigten am ersten Tag Dr. Michael Heyde von der österreichischen Firma ALPLA-Werke, die in 196 Produktionsstätten in 47 Ländern Kunststoffverpackungen entwickelt, produziert und recycelt, Dr. Carolin Struller (BOBST Manchester Ltd.) und Wolfgang Lohwasser von Amcor Flexibles Kreuzlingen. Heyde zeigte anhand der Historie, wie ALPLA seit der Installation der PET Recycling Team GmbH in 2005 bis 2022 den PCR-Output verdoppelt hat. 2023 wurde die erste PET-Recyclinganlage der Firma in Südafrika in Betrieb genommen. Allerdings sind Recyclingmaterialien für Lebensmittel nach wie vor kompliziert, zumal die EFSA bei Polyolefinen Einwände wegen möglicher Kontaminanten hat, was Konsequenzen für konventionelle, mechanische Recycling-Technologien hat.
BOBST sieht sich seinerseits nicht mehr nur als Druckmaschinenhersteller, sondern als Dienstleister über alle Bereiche hinweg. Entsprechend können über den Druck Barriereschichten aufgebracht werden, die auch bei der Faltung des Papiers gewährleistet bleibt. Dr. Armin Mohr von Plasma Electronic brachte Beispiele, wie das Kontaminationsrisiko beim Rezyklateinsatz mittels PEVCD- und PEALD-Schichten reduziert wird. Frédéric Engel von ILLIG Maschinenbau und Matthias Hausman von Kiefel GmbH zeigten Innovationen in der Faserverpackung bzw. Verpackungen, die aus Naturfasern geformten sind.
Wie weit die Forschung bereits vorangeschritten ist, demonstrierten die Beiträge der Experten vom Fraunhofer IVV, so Johannes Schneider, der im Hinblick auf Komposittrennung und Rezyklatreinigung das lösemittelbasierte Recycling vorstellte, und Stefan Schießl mit der Präsentation von Kompositbarrierelacken für aluminiumfreie, recyclingfähige Verpackungsfolien für Lebensmittelanwendungen. Paula Goderbauer vom Fraunhofer IVV sprach über die Entwicklung kreislauffähiger Barrieren für Papier mit Nanocellulose, während Dr. Marie Föllmer und Lorenzo Tomei ihrerseits am Einsatz von biobasierten Rohstoffen für neue Barrieren und Packstoffe forschen. Es gebe bei allen Punkten, die debattiert wurden, weiterhin extrem viele Herausforderungen, war der Tenor nach zwei intensiven Tagen. Und dennoch war die Botschaft bei allen deutlich zu spüren: „Da kommt wieder Leben rein.”