Im Zuge der Umfrage hat Arsandis Gespräche mit verschiedenen Maschinen- herstellern geführt, um einen Einblick in den Status der Digitalisierung in der Branche zu gewinnen. Die Befragung konzentrierte sich auf mittelgroße Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl zwischen 50 und 99. Zusätzlich haben neben einigen wenigen sehr kleinen oder sehr großen Betrieben überwiegend Unternehmen mit 20 bis 49 oder 250 bis 500 Mitarbeitern an der Umfrage teilgenommen.
Von Sylvie Loos
Um den Digitalisierungsgrad in der Süßwarenindustrie zu evaluieren, wurden die verschiedenen Abteilungen der befragten Unternehmen intensiv untersucht. Die Unternehmensstruktur wurde in folgende Bereiche unterteilt: Produktentwicklung, Fertigung, Technische Dokumentation, Logistik, Wartung/After Sales, Vertrieb/Marketing und Einkauf. Bedauerlicherweise konnten einige Unternehmen uns nur begrenzte oder gar keine Informationen über die Ausprägung der Prozesse in den verschiedenen Bereichen liefern. Dies resultierte aus der Komplexität der Unternehmensstruktur, die es schwierig macht, eindeutige Aussagen zu treffen.
Die technische Dokumentation, Marketing, Produktentwicklung und Einkauf sind gut digitalisiert, während die Fertigung noch Entwicklungspotenzial hat. Insgesamt ist die Digitalisierung in der Süßwarenindustrie ausbaufähig, mit teilweise autonomen Prozessen, aber auch manuellen Eingriffen und fehlender Digitalisierung in einigen Bereichen.
3-D-CAD-Design, Product Data Management (PDM), Virtuelle Realität (VR) oder Künstliche Intelligenz (KI) sind nur ein paar Beispiele für mögliche Digitalisierungslösungen, die den Unternehmen in Zeiten von Industrie 4.0 zur Verfügung stehen. Neben verbesserter Virtualisierung bieten viele dieser Initiativen den Firmen die Möglichkeit, ihre Prozesse zu automatisieren und alle Daten einheitlich zu verwalten.
Im Zuge unserer Umfrage haben wir verschiedene Unternehmen aus der Süßwarenindustrie zu einer repräsentativen Auswahl an Digitalisierungsmöglichkeiten befragt und dabei genauer betrachtet, welche Lösungen bereits in den Betrieben vorhanden sind und welche digitalen Initiativen möglicherweise noch in Zukunft geplant sind.
Auf den ersten Blick lässt sich dabei erkennen, dass mehr als 90 % der Unternehmen bereits eine 3-D-CAD-Design Lösung wie Creo oder SolidWorks verwenden. Derartige Software bietet den Produktentwicklern die Möglichkeit die einzelnen Bauteile oder ganze Maschinen dreidimensional zu modellieren und zu gestalten.
Product Data Management (PDM), Enterprise Resource Planning (ERP) und Customer Relationship Management (CRM)-Systeme sind schon oft in der Unternehmensstruktur eingebunden, um Prozesse und Arbeitsabläufe zu automatisieren. Alle Bereiche können durch derartige Systeme profitieren, daher ist der Einsatz besonders bei der Herstellung von Süßwarenmaschinen lohnenswert, um Einsparungen von Kosten und Arbeitszeiten zu erzielen.
Darüber hinaus fällt auf, dass in Zeiten von ChatGPT, Sprachassistenten u. v. m. künstliche Intelligenz in den befragten Betrieben eingesetzt wird, um Kundensupport zu gewährleisten oder automatische Datenanalysen durchzuführen. Da der Einsatz von KI für viele Neuland ist, ist die Skepsis vieler Unternehmen verständlich und wie unsere Auswertung auch zeigt, sind viele noch nicht dazu bereit, in Zukunft auf dieses Pferd zu setzen.
In der Süßwarenindustrie sind PLM-Systeme noch nicht weit verbreitet, und die Bereitschaft zur Einführung ist gering. Dennoch fungiert ein PLM-System als zentrales Element in Fertigungsunternehmen und sammelt produktrelevante Daten von der Entwicklung bis zur Kundennutzung. Daten werden intelligent verknüpft. So ist zum Beispiel die automatische Generierung von Stücklisten, Fertigungsprozessplänen, technischer Dokumentation, technischen Illustrationen und Ersatzteilkatalogen aus den ursprünglichen Engineering-Daten möglich. Individualisierung durch Konfigurationsmanagement wird auch großgeschrieben. Ein bekanntes Beispiel für eine solche Lösung ist Windchill von PTC.
Künstliche Intelligenz, Virtual Reality und Mixed Reality bieten weitere spannende Digitalisierungslösungen. Diese vergleichsweise neuen Technologien in der Fertigungsindustrie ermöglichen es, Mitarbeiter virtuell an Maschinen zu schulen oder den Kundensupport auf ein höheres Niveau zu heben. Die Anwendungsbereiche sind vielfältig, und bereits fast ein Drittel der befragten Unternehmen nutzt eine dieser Technologien, um ihre Mitarbeiter zu schulen oder Kunden zu betreuen. Herr Plies, Leiter der Digitalisierung/CDO bei Winkler und Dünnbier, hat uns informiert, dass das Unternehmen interne Forschungen im Bereich AR/VR vorantreibt. Ein zukünftiges Ziel besteht darin, Schulungen direkt beim Kunden anzubieten.
Zu guter Letzt lässt sich das Cloud Computing als Digitalisierungslösung noch hervorheben. Unternehmen haben die Möglichkeit, auf geteilte Computerressourcen zuzugreifen, die Datenspeicherung oder Rechnerleistung bereitstellen. 48 % der Befragten arbeiten bereits in der Cloud. Nera Technologies verwaltet dort zum Beispiel alle Zeichnungen. Weitere 12 % der Befragten planen bereits in den kommenden Jahren, Cloud Computing zu nutzen.
Neue Digitalisierungsinitiativen verlangen wohlüberlegte Entscheidungen, denn neben den finanziellen Aspekten erfordern digitale Lösungen auch ein hohes Maß an Zeit, Planung und Ressourcen. In unserer Umfrage haben wir deshalb Unternehmen der Süßwarenindustrie befragt, welche Hürden sie von der Verwirklichung einer Digitalisierungsinitiative abhalten oder lange Zeit abgehalten haben.
Das Ergebnis ist eindeutig, die fehlende Zeit oder fehlende Ressourcen beeinflussen die Entscheidung für eine digitale Lösung maßgeblich. Herr Tschannen, Gründer der Nera Technologies AG, betonte: „Es braucht eine treibende Kraft, um die Koordination und Begeisterung für Digitalisierungsinitiativen voranzutreiben.“ Ähnlich viele Firmen hindert eine fehlende Strategie an der Umsetzung neuer Digitalisierungslösungen. Dabei schreckt die Fülle an Angeboten, die Vielschichtigkeit der eigenen Prozesse und die Komplexität der Integration viele Betriebe zuerst einmal ab. Jedoch gibt es mittlerweile viele Beratungsunternehmen, wie die Arsandis, die sich genau auf solche Initiativen spezialisiert haben und so neben der Beratung auch eine maßgeschneiderte Systemintegration anbieten.
Viele Unternehmer zögern bei Digitalisierungsinitiativen aufgrund hoher Kosten, einschließlich teurer Lizenzen und Beratungsdienstleistungen. Diese Investitionen müssen sich langfristig für die Unternehmen rentieren. Aber, wie die Erfahrungen der Winkler & Dünnebier Süßwarenmaschinen GmbH zeigen, ist der Investitionsaufwand in digitale Lösungen erstrebenswert. Denn neben finanziellen Vorteilen ergeben sich auch direkt aus diesen digitalen Initiativen Produktionssteigerungen oder Verbesserungen im Servicebereich.
Die unaufhaltsame Welle der Digitalisierung prägt die Industrielandschaft, somit bleibt es auch als Maschinenhersteller unerlässlich, diese Entwicklung aktiv anzugehen. Der Schlüssel liegt dabei in einer strategisch durchdachten Vorgehensweise, um die Digitalisierung nicht nur als notwendige Veränderung zu betrachten, sondern als Chance für nachhaltigen Erfolg. Doch wie geht man dieses komplexe Thema als Maschinenhersteller am besten an und wie lässt sich eine effektive Vorwärtsbewegung sicherstellen?
Zunächst ist die Entwicklung einer klaren unternehmensweiten Strategie unerlässlich. Dabei stellt sich die grundlegende Frage: Welches übergeordnete Ziel verfolgt das Unternehmen? Soll der Fokus darauf liegen, Produkte schneller auf den Markt zu bringen, Innovationen effizienter voranzutreiben oder vielleicht auf der Service-Seite Gewinne zu maximieren? Es ist entscheidend, diese Zielsetzung präzise zu definieren, um die nachfolgenden Schritte in der digitalen Transformation gezielt und effektiv auszurichten.
Danach gilt es, eine gründliche Analyse der aktuellen Situation vorzunehmen. Dies beinhaltet die genaue Begutachtung der bestehenden Prozesse und die Identifizierung von Potenzialen, welche durch digitale Optimierungen verbessert werden können.
Die Festlegung klarer Ziele ist der nächste entscheidende Schritt. Es ist wichtig zu definieren, welche konkreten Ergebnisse mit der Digitalisierung erreicht werden sollen. Dies können beispielsweise Effizienzsteigerungen, Qualitätsverbesserungen oder die Erschließung neuer Geschäftsfelder sein. Diese Ziele sollten nicht nur ambitioniert, sondern auch realistisch und messbar sein, um den Fortschritt effektiv zu überwachen.
Die Digitalisierung eröffnet ein weites Spektrum an Möglichkeiten. Digitale Initiativen durchziehen Unternehmen vielfältig. Während in einer Abteilung Maschinen mit Sensoren ausgestattet werden, fließen in der nächsten Investitionen in ein Kundenportal. Im Engineering wird über die Einführung eines Product-Data-Management (PDM-) Systems nachgedacht, während gleichzeitig das ERP-System regelmäßig erweitert wird.
Oft wird übersehen, wie alle Aspekte im Unternehmen miteinander verflochten sind. Das zentrale Element ist dabei stets das Produkt selbst, die Maschine. Dies wirft essenzielle Fragen auf: Wie lassen sich Informationen aus dem Servicebereich zeitnah in die Produktentwicklung integrieren, um Qualität und Innovation zu fördern? Im Falle von Fertigungsproblemen: Wie kann in Echtzeit überprüft werden, wie die Produktstruktur in der gewünschten Konfiguration ursprünglich spezifiziert wurde? Und bei der Nachbestellung von Ersatzteilen: Wie kann spontan visualisiert werden, wie die Produktkonfiguration aussah, als sie für die Fertigung freigegeben wurde?
Solche Beispiele verdeutlichen, dass ein umfassender Zugang zu Daten und deren nahtlose Verknüpfung über alle Abteilungen hinweg unerlässlich ist. Nur durch eine ganzheitliche Betrachtung der digitalen Prozesse kann das Unternehmen erfolgreich voranschreiten und sich optimal positionieren.
Natürlich ergeben sich noch viele weitere Überlegungen, welche berücksichtigt werden müssen. Wie gelingt es beispielsweise, Zulieferer und Partner erfolgreich in die eigenen Prozesse zu integrieren? Wie lässt sich die globale Zusammenarbeit effektiv fördern? Und wie kann ich meine Produktdaten mühelos an unterschiedliche Kunden, Märkte oder Geografien anpassen?
Dann stellen sich komplexe, systemrelevante Überlegungen zur Klassifizierung, Wiederverwendung und Versionierung von Daten. Selbst im Bereich des Sondermaschinenenbaus wird das Rad nicht täglich neu erfunden.
Ein Product-Lifecycle-Management (PLM-)System bildet für jedes Unternehmen in der Fertigungsindustrie das Rückgrat und ist im Rahmen der Digitalisierung unverzichtbar. Dennoch zögern viele vor der Implementierung eines solchen Systems, welches eine umfassende Neugestaltung der operativen Abläufe im Unternehmen bedeutet. Ein PLM-System ermöglicht die zentrale Verwaltung von Produktdaten, die für alle relevanten Akteure in geeigneter Form zugänglich sind. Dabei werden Daten nicht redundant erstellt, sondern gezielt angepasst und wiederverwendet. Stücklisten können für verschiedene Abteilungen oder Standorte transformiert werden und externe Prozessteilnehmer können bedarfsorientiert eingebunden werden. Um das Gesamtbild abzurunden, erfolgt eine Integration des PLM-Systems mit dem ERP-System. Denn ein PLM-System ist nicht für Kundendaten oder die Inventur von Ersatzteilen konzipiert, genauso wenig wie ein ERP-System als zentrale Datenablage für Produktinformationen vorgesehen ist.
Vor jeder Ausführung einer digitalen Transformation ist es entscheidend, durchdachte und nahtlose Prozesse in einer maßgeschneiderten Roadmap festzuhalten, um die Auswirkungen im gesamten Unternehmen zu verstehen. Eine digitale Initiative geht über den bloßen Einsatz neuer Softwarekomponenten hinaus und erfordert eine ganzheitliche Betrachtung, um effektiv zu sein.
Als Hersteller von Maschinen für die Süßwarenindustrie ist man zwar im Bereich Engineering und Lebensmittelindustrie versiert, jedoch nicht zwangsläufig ein Experte in digitalen Angelegenheiten. In Anbetracht dessen ist es äußerst sinnvoll, IT-Dienstleister aus der Fertigungsindustrie als Partner für die digitale Evolution hinzuzuziehen. Diese Experten können wertvolles Know-how und maßgeschneiderte Lösungen bieten, um die Potenziale der Digitalisierung optimal auszuschöpfen.
Gemeinsam können Süßwarenmaschinenhersteller und IT-Spezialisten, wie Arsandis, innovative Wege einschlagen und Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), künstliche Intelligenz (KI) und Big Data einsetzen. Durch die schrittweise Integration dieser Technologien können Prozesse im Laufe der Zeit weiter optimiert und neue Geschäftsmöglichkeiten erschlossen werden.