Die Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft e. V. veranstaltete kürzlich in Berlin zusammen mit dem Institut Kirchhoff Berlin GmbH – Teil von Mérieux NutriSciences – den „4. Internationalen Kongress über Mineralöl-Kontaminanten in Lebensmitteln – Toxikologie – Risikobewertung – Analytik – Mitigation“. Rund 220 Interessierte aus über 20 Ländern waren vor Ort und nutzten die Chance zum Austausch.
Von Dr. Jörg Häseler
Dr. Erik Becker (Institut Kirchhoff Berlin GmbH, Berlin) und Dr. Bertrand Matthäus (Max-Rubner-Institut, Detmold) moderierten die hochkarätig besetzte Veranstaltung, die zahlreiche Themen und Fragen der Lebensmittelbranche aufgriff. Erörtert wurde der aktuelle Stand der toxikologischen Bewertung von Mineralölbestandteilen, wie die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit Mineralölbestandteile bewertet und ob mit einer gesetzlichen Regelung zu rechnen ist. Darüber hinaus wurde aufgezeigt, welche Fortschritte es bei der Verbesserung der Analysemethoden gibt, welche weiteren Minderungsstrategien zu erwarten sind, und wie die Industrie beschlossene Maßnahmen umsetzt.
Das frühzeitige Erkennen der Problematik ist ein besonders wichtiger Ansatzpunkt, damit nicht erst im Endprodukt das Problem zutage tritt. So wäre vielen Beteiligten der Produktionskette geholfen: den Kleinanbietern, deren Existenz gesichert wird, den Zwischenhändlern, die ihre Märkte bedienen können, und letztendlich den Vermarktern durch qualitativ optimierte Ware, die nicht zurückgerufen werden muss.
Verunreinigungen von Lebensmitteln und Produkten wie Kosmetika und Verpackungsmaterialien mit Mineralölkomponenten sind bereits seit Anfang der 1990er Jahre bekannt. Seitdem hat die Entwicklung von Analysetechniken die Datenlage zur Quantifizierung und Identifizierung der Quellen dieser unerwünschten Stoffe erheblich verbessert.
Auf Grundlage dieser Daten wurden toxikologische Bewertungen durchgeführt, entsprechende Minimierungsmaßnahmen eingeführt und Orientierungswerte gemeinsam von Behörden und Lebensmittelverbänden festgelegt. All diese Maßnahmen führten zu einer deutlichen Reduktion der Mineralölbestandteile in allen Teilsektoren. Dennoch ist das Problem nicht komplett gelöst, denn mehrere Referenten beklagten, dass toxikologische Daten weiterhin fehlen.
Mineralölbestandteile in Lebensmitteln sind weiterhin eine große Herausforderung für die Hersteller. Toxikologie und Risikobewertung sind noch in der Diskussion, eine europäische gesetzliche Regelung ist folglich weiterhin offen, auch wenn hier einige Aktivitäten seitens der EU zu verzeichnen sind. Heutzutage ist eine hochtechnisierte Methode – konkret die LC-GC-FID-Methode (Flüssigkeitschromatographie mit anschließender Gaschromatographie mittels Flammenionisationsdetektor) – zur Bestimmung von MOSH und MOAH diejenige der Wahl. Damit steht ein von der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft standardisiertes Verfahren zur Verfügung. Dieses ist jedoch anspruchsvoll und nicht ohne Weiteres für eine Vielzahl von Matrices anwendbar. Doch nur auf der Basis validierter Analytik können evidenzbasierte toxikologische und lebensmittelrechtliche Aussagen getroffen und anschließend politische Entscheidungen getroffen werden.
Zur Identifizierung von Quellen für den Eintrag von Mineralölbestandteilen in Lebensmittel wird zunehmend die sogenannte GCxGC-MS-Analyse (zweidimensionale Gaschromatographie gekoppelt mit Massenspektrometrie) eingesetzt. Es gibt jedoch verschiedene Ansätze, und die Methode ist nicht validiert, was die Vergleichbarkeit der Ergebnisse erschwert.
Für die Lebensmittelhersteller sind die Fortschritte bei der Identifizierung von Eintragswegen und die Entwicklung von Minderungsstrategien wichtig, um die hohe Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln zu gewährleisten. Hier ist in den vergangenen Jahren bereits viel in die Praxis umgesetzt worden, doch es gibt noch offene Fragen.
Dr. Sieglinde Stähle (Lebensmittelverband Deutschland e. V., Berlin) blickte zurück und konkretisierte die Ansätze zur Reduktion. Die Ziele der inzwischen etablierten Toolbox wie produktneutrale Informationen, Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes und systematische Betrachtung der Einträge waren die wichtigsten Ansatzpunkte. Nie gedacht waren die Lösungen, um dafür zu sorgen, dass die Minimierungsstrategie zur Erreichung von „Null MOSH“ führt und daraus eine gesetzliche Verpflichtung für die Anwender folgt.
Die Lebensmitteltechnologin formulierte einige Aussichten zur erfolgreichen Minderungsstrategie. So seien die Toolboxen für Unternehmen bereits nützlich und müssten weiterhin aktualisiert werden. Sie betonte: „Was wir benötigen, sind die Akzeptanz in der Politik und in der öffentlichen Diskussion für Erfolge der Reduzierung, ein wissenschaftsbasiertes Verfahren seitens der EFSA sowie freiwillige Ansätze im Vorfeld von Regulierungsmaßnahmen.“
Suzy Sumner, die Vertreterin von Foodwatch, forderte für MOAH eine Nulltoleranz und wies nach, dass nach der Veröffentlichung eigener Untersuchungsergebnisse zahlreiche Hersteller dieses Ziel erreicht haben. Bei MOSH sollte eine Minimierungsstrategie gefahren werden.
Positiv ist, dass die Analytik zu diesem Gebiet vorhanden ist, und dass die Gehalte bestimmt werden können. Doch hilft dies wenig bei der Reduktion dieser Gehalte, denn die Verbraucher fragen nach sicheren Produkten. Daher sind lösungsorientierte Ansätze für die Praxis der Lebensmittelhersteller erforderlich.
Der Kongress bot die Möglichkeit, die jüngsten Erkenntnisse zu Fragen der Toxikologie, Risikobewertung, Analytik und Minderungsstrategien mit Experten zu diskutieren und sich auf den neuesten Stand zu dieser wichtigen Kontamination zu bringen. Die präsentierten Informationen helfen Behörden, amtlichen und privaten Laboratorien, Verbraucherschutz und Industrie, Qualitätskontrolle, Analytikern, Bewertern und Vermarktern Entscheidungen über Mineralölbestandteile zu treffen.