Was sind die aktuellen Trends zum Thema „Resilienz in der Lebensmittelindustrie“? Welche neuen Entwicklungen gibt es bei intelligenten Reinigungssystemen und Technologien für effiziente, nachhaltige Reinigungsprozesse? Mit diesen Kernfragen beschäftigte sich die dritte Auflage des Expertenforums „Zukunftstage: Future Clean“, die kürzlich in Dresden stattfand.
Im Rahmen der Kooperationsveranstaltung des Fraunhofer IVV und der IVLV Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung e. V. konnten sich die Teilnehmer aus Industrie, Forschung und Verbänden intensiv über Lösungen und jüngste Technologieentwicklungen für die aktuellen Herausforderungen in der Lebensmittelindustrie informieren und austauschen. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit, einige der vorgestellten Technologien als Life-Demonstratoren selbst auszuprobieren.
Der erste Veranstaltungstag stand im Zeichen des besonders aktuellen Themas „Resilienz in der Lebensmittelproduktion“. Als „resilient“ gelten in diesem Kontext Unternehmen oder Produktionssysteme, die sich stets an interne und externe Veränderungen und Störungen in komplexen, sich schnell verändernden Produktions- und Wertschöpfungsnetzwerken anpassen können, und die auch unter veränderten Rahmenbedingungen sichere und qualitativ hochwertige Produkte liefern. Anselm Elles von AFC Risk and Crisis Consult führte zur Eröffnung in das Risikomanagement im Kontext von Resilienz ein. Dabei stellte er Risikofaktoren und Anforderungen vor, die die Sicherung resilienter Prozesse an das Risikomanagement der Unternehmen stellt, und erläuterte ein ganzheitliches Risikomanagementsystem.
Rückrufe und Resilienz – das passt zusammen. Zu diesem Fazit kam Stephanie Weinand von Recall InfoLink in ihrem Vortrag. Sie zeigte auf, wie eine systematische, schnelle und dokumentierte Durchführung von Rückrufen in Verbindung mit einer transparenten Kommunikation mit allen Beteiligten der Wertschöpfungskette zu resilienten Prozessen beitragen kann.
Den Vortragsblock schloss Dr. Marc Mauermann vom Fraunhofer IVV mit der Vorstellung aktueller Umfrageergebnisse zu den Einflussfaktoren auf resiliente Prozesse in der Lebensmittelindustrie. Die Umfrage zeigte, dass die Investition in Maschinen und Anlagen zur Produktion sowie die Digitalisierung von Prozessketten als wichtigste Beiträge zur Sicherstellung resilienter Prozesse bewertet werden.
Der Themenblock machte deutlich, dass sich Unternehmen gezielt auf eventuell eintretende Störungen und Probleme vorbereiten müssen, um im Ernstfall durch rasches Handeln den Schaden möglichst gering zu halten. Jedoch besteht insbesondere im Hinblick auf die Störszenarien mit der größten Eintrittswahrscheinlichkeit sowie den größten Auswirkungen noch ein deutlicher Forschungsbedarf.
Im zweiten Themenblock konnten sich die Teilnehmer über innovative cyberphysische Reinigungssysteme informieren, die – jedes auf seine Art – ein Novum darstellen. Dabei wurde zunächst ein autonom arbeitender Zielstrahlreiniger für die bedarfsgerechte Reinigung von Oberflächen zum Beispiel in Tanks vorgestellt: Der AJCsens ermöglicht durch eine hochintegrierte Inline-Sensorik zur Verschmutzungserkennung erstmals die Echtzeiterfassung des aktuellen Verschmutzungszustands und damit eine Loslösung von der Reinigungsauslegung am Worst-Case-Szenario.
Auch das im Anschluss von Norbert Ebersbach von der Advitec Informatik vorgestellte Simulationswerkzeug für industrielle Spritzreinigungsprozesse Advisim3D trägt dazu bei, einer Überdimensionierung der Reinigungsprozesse entgegenzuwirken – und dies schon in der konstruktiven Phase. Im Gegensatz zum Einsatz konventioneller Simulationssoftware können die Reinigungsprozesse damit innerhalb nur weniger Minuten ausgelegt und erprobt werden.
Abgeschlossen wurde der Themenblock mit der Vorstellung eines virtuellen Reinigungsassistenten für manuelle Reinigungsprozesse: Der CleanAssist ermöglicht mithilfe sensorüberwachter Reinigungslanze, Augmented Reality (AR) sowie intelligenter Datenaufbereitung die Qualitätssicherung und Dokumentation manueller Reinigungsprozesse.
Die in diesem Themenblock vorgestellten Lösungen zeigen, dass durch die geschickte Integration von Inline-Sensorik und den Einsatz digitaler Lösungen eine sichere und nachvollziehbare Reinigung möglich ist. Zudem erlauben die vorgestellten Technologien eine deutliche Ressourceneinsparung und leisten damit einen erheblichen Beitrag zu Kostenreduktion und Umweltschutz.
Der zweite Veranstaltungstag bot einen Einblick in das Thema Verschmutzungssensorik. Zunächst stellte Dr. Peter Golz vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) neue Inline-Reinigungssensoren zum Überwachen des Verschmutzungszustandes in geschlossenen Systemen vor, die im BMBF-Projekt SensoRein entwickelt und erprobt wurden.
Im Folgevortrag präsentierte Dr. Enrico Fuchs vom Fraunhofer IVV weitere Sensortechnologien für offene und geschlossene Systeme. Der Referent gab einen umfassenden Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen von Sensorik zur Überwachung von Verschmutzungen.
Die Vorträge machten deutlich, dass in der Lebensmittelindustrie der Trend weiterhin klar von der Offline- hin zur Inline-Erfassung von Verschmutzungen geht. Da es aber bislang keine Universallösung gibt, besteht weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf.
Im Anschluss an den Themenblock Sensorik wurden innovative Verfahren und Mittel zum Entfernen von Verschmutzungen vorgestellt. Den Auftakt machte Felix Wallner von MultSonic mit einem Ultraschall-Anti-Fouling-System für unterschiedliche Anwendungsgebiete. Durch den Eintrag extrem kleiner Schwingungen in das Bauteil minimiert dieses System das Anhaften von Schmutz und erhöht so den Abstand zwischen den Reinigungszyklen signifikant.
Der Zusammenhang zwischen chemischen Reinigungsmitteln und der Krypto-Welt war Thema des Vortrags von Christian Römlein von Intelligent Fluids. Neben der speziellen Funktionsweise seines Reinigungsmittels erläuterte er die Idee hinter SMAC als Kryptowährung zum vergünstigten Kauf von Reinigungschemie.
Den Themenblock schloss Olaf von Deines von Frank Hochdruck- & Dampftechnologie ab. Er stellte eine neuartige Lösung zur chemiefreien, ressourcenschonenden Reinigung von Förderbändern mittels Dampf vor.
Deutlich wurde, dass auch im Bereich Reinigung das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger wird. Dies zeigen Ansätze wie SMAC oder die Nutzung chemiefreier Dampfreinigung ebenso wie die Bestrebungen, durch die Vermeidung von Ablagerungen (Anti-Fouling) deutlich längere Anlagennutzungszeiten zu erreichen.