sweets processing 5-6/2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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„Ein wichtiger Faktor in unserer Philosophie ist die Nähe zu den Kunden“

Das Unternehmen Lothar A. Wolf Spezialmaschinen hat als innovativer Entwickler und kompetenter Berater im Bereich Neu- und Gebrauchtmaschinen eine starke Position im Markt inne. sweets processing sprach mit Firmenchef Michael Lothar Wolf und dessen Söhnen Maurice und Marvin Wolf.


Die Lothar A. Wolf Spezialmaschinen GmbH mit Sitz in Bad Salzuflen hat sich seit mehr als 60 Jahren mit der Neuentwicklung spezieller Maschinen und dem Vertrieb von Gebrauchtmaschinen eine starke ­Position in der süßen Branche erarbeitet. Darüber hinaus gehören Projektierung, Instandsetzung und Repa­raturen von Altanlagen zum breiten Leistungsportfolio.

sweets processing: Herr Wolf, vorweg gefragt: Wie sind Sie bisher durch die Covid-19-Krise gekommen, und wie ist derzeit Ihre Auftragslage?
Michael Lothar Wolf: Alles in allem sind wir bisher gut durch die Krise gekommen. Uns hat im Vorjahr sehr geholfen, dass wir breit aufgestellt sind und diversifiziert agieren können. So stand 2020 das Gebrauchtmaschinengeschäft erst mal mehr im Fokus. Wir haben gespürt, dass die Firmen zu Beginn der Krise verunsichert ­waren und sich bei Neuanschaffungen zurückgehalten haben. Als aber die Bestellungen aus dem LEH nicht abrissen, sondern sogar noch stiegen, mussten die Hersteller kurzfristig ihre Kapazitäten erhöhen. Dazu haben sie sich mit gebrauchten und generalüberholten Maschinen eingedeckt.

sp: Wie ist derzeit das Verhältnis von Neu- zu Gebrauchtmaschinen?
Michael Lothar Wolf: Im Vorjahr ­haben wir aus den genannten Gründen 30 Prozent des Umsatzes mit Gebrauchtmaschinen gemacht. Normalerweise ist das Verhältnis 80 zu 20 zugunsten der Neumaschinen. Wir sehen jetzt, dass sich dies ­momentan wieder so einpendelt. Es sind ­genügend Bestellungen für ­Neuentwicklungen eingegangen, und wir liefern bereits wieder eine Reihe von Neumaschinen aus.

sp: Sind Sie in dieser Phase als Familienbetrieb besonders gefordert?
Michael Lothar Wolf: Wir sind ja buchstäblich krisengeschult, geht die Firmengründung doch auf die Weltwirtschaftskrise 1929 zurück. Mein Urgroßvater Arno Rudolf Wolf arbeitete als Ingenieur bei der Maschinenfabrik J. M. Lehmann in Dresden, dem seinerzeit größten Schokoladenmaschinenhersteller der Welt, konnte aber nicht weiter auf­steigen und wechselte später als Vorstand zur Elitewerke AG in Nossen/Sachsen. Als die Firma aufgrund der Krise 1929 kaum mehr neue Anlagen verkaufen konnte, ergriff er die Chance, den Teilbetrieb der Elitewerke AG in Nossen mit 60 Mitarbeitern zu übernehmen und erfand aus der Not das noch heute gültige Geschäftsmodell.

Die Ing. Arno R. Wolf Maschinenbauanstalt stellte nach wie vor neue Spezialmaschinen und Anlagen her – allerdings nicht nur für die Kakao- und Schokoladenindustrie, sondern auch für die Seifen-, Chemie-, Farben- und Nahrungsmittelindustrie – und offerierte Planungen, Montagen, Reparaturen, Sachverständigen-Gutachten und Beratungen. Insbesondere das Angebot gebrauchter, „durchreparierter“ Maschinen gewährleistete das Überleben während der Weltwirtschaftskrise. Nach dem Krieg fand die Familie eine neue Heimat in Bad Salzuflen, und 1960 ­begann dann wieder – auch in Zusammenarbeit mit einem namhaften Hersteller – die Entwicklung und Herstellung neuer Maschinen. So bauen wir seit über 90 Jahren Maschinen für die Schokoladenherstellung.

sp: Heute ist das Unternehmen vor ­allem bei Dragee-Anlagen führend.
Michael Lothar Wolf: Ja, der Coatmaster ist unser Topprodukt. 1999 kam unsere erste Dragee-Kabine auf den Markt, und heute sind wir damit Weltmarktführer. Zudem haben wir im Vorjahr mit dem Twin-Hybrid-Konzept eine „Revolution“ bei den Temperiermaschinen in Gang gesetzt.

sp: Wir sehen, dass in der Covid-19-Krise die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz noch einmal eine größere Bedeutung erlangt haben. Spielt dies hier auch eine Rolle?
Michael Lothar Wolf: Natürlich. Wir haben Energie-Effizienz bereits um die Jahrtausendwende auf der Agenda gehabt und dies stets optimiert, wenngleich die Thematik im Zuge der Finanzkrise 2008 und 2009 bei der Industrie wieder etwas in den Hintergrund rückte. Im Gegensatz zu herkömmlichen Prozessen rezikulieren wir bei unserer Dragee-Kabine die Energie. Durch den geschlossenen Kreislauf benötigen unsere Anlagen so über 70 Prozent weniger Energie als vergleichbare Dragee-Kessel. Heute liefern wir Maschinen zwischen 60 Liter bis hin zu 650 Liter Produktionsvolumen aus – von Halbautomatik bis zur vollautomatischen Steuerung. Alleine durch die Energie-Einsparung und die Reduktion der Personal­kosten amortisiert eine Dragee-Kabine mit 600 Kilogramm in einem Jahr den Aufwand von 15 Dragee-Kesseln. Wir wollen hierbei als der „grüne Wolf“ wahrgenommen werden.
Maurice Wolf: Die Kabine reinigt sich zudem während der Produktion von selbst. Die Rezepturen sind einprogrammiert und können mittlerweile sogar online verändert werden, auch von hier aus, von uns. Man denkt bei der Dragierung in erster Linie an Nüsse und Mandeln sowie Zuckerperlen; doch unsere Dragee-Kabinen ­bieten eine sehr große Vielfalt an ­Anwendungsmöglichkeiten, etwa das Coating im boomenden Snackbereich, wie etwa Nic Nacs. Selbst Pulver, Fett- und Füllmassen sind kein Problem, und die Firmen können auf der Anlage sogar Pralinen herstellen.

sp: Die Energiefrage spielt ebenfalls eine große Rolle bei der Twin-Hybrid-Temperiermaschine.
Michael Lothar Wolf: Temperier­maschinen gehören seit Anfang an zu unserem Portfolio. Hier haben wir 2016 die Hybrid-Temperiermaschine konzipiert und bieten seit dem Vorjahr die einzigartige Twin-Hybrid-Version an, die wir in Zusammenarbeit mit der Firma Knobel entwickelt haben. Durch die kompakte 2-in-1-Bauweise sparen die Firmen damit Platz und Investi­tionskosten. Die Temperiermaschine, die ebenso wie die Hybrid-Variante enorm Energie einspart, kann in der Produktion überall hin bewegt werden. Sie ist flexibel einsetzbar – ein wahrer Alleskönner, der von der ­kleinen Confiserie bis zum mittleren ­Betrieb genutzt werden kann. Die ­Maschine ist ideal zum Beschicken von Gießanlagen mit geringer Ab­nahmemenge sowie für Maschinen, die mehrere Massen verwenden, zum Beispiel im Bereich Verzieren oder Dekorieren.

sp: Wir beobachten, dass die Zulieferbranche bei F&E zunehmend proaktiv agieren muss.
Marvin Wolf: Ja, das sehen wir auch verstärkt bei uns. Wir haben dazu eine eigene Versuchsküche und ein Labor ­eingerichtet und kooperieren auch mit Unternehmen aus dem Zulieferbereich, etwa mit den Ingredienzen-Unternehmen Döhler oder Capol. Auch mit wissenschaftlichen und schulischen Einrichtungen, wie etwa mit Professor Jörg Stender von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe oder der ZDS in Solingen, pflegen wir eine langjährige, enge Partnerschaft. Darüber hinaus sind auch Süßwarenhersteller häufig Gast bei uns, um neue Produktentwicklungen auf den Maschinen zu testen oder auch gemeinsam mit unserem Team innovative Neuheiten zu kreieren.

sp: Die Covid-19-Krise hat den Trend zur Digitalisierung enorm beschleunigt. Wie meistern Sie diese Herausforderung?
Michael Lothar Wolf: Auch hier ­haben wir bereits seit einiger Zeit in Tech­nologien und Fähigkeiten investiert, etwa bei den Steuerungen und Touchpanels unserer Maschinen. Auch Gebrauchtmaschinen bringen wir bei der Reparatur und Überholung in Sachen Digitalisierung auf den neuesten Stand. Fehlersuche und Problembehebung gehen jetzt weltweit online vonstatten, und selbst Rezepturen können auf Knopfdruck von hier aus verändert werden. Dies hat uns natürlich in den vergangenen Monaten angesichts der Kontaktbeschränkungen und fehlenden Reisemöglichkeiten sehr geholfen. Vor kurzem haben wir die Inbetriebnahme einer neuen Anlage gefilmt, und ein Weltkonzern hat diese schließlich per Livestream abgenommen.
Maurice Wolf: Ein wichtiger Faktor in unserer Philosophie ist die Nähe zu den Kunden, und deren Betreuung. Beratung und Projektierung sind wichtige Bausteine. Wir kommen beispielsweise zu den Herstellern und schauen uns mit ihnen gemeinsam die Produktion an. Was ist zu machen? Was kann man verbessern, etwa um Personalkosten und Energie einzusparen? Wir wollen dabei genau eruieren, ob und wie wir dem Kunden helfen können. Und wenn etwas für den Kunden nicht geeignet ist, dann sagen wir ihm das auch.

sp: Manches lässt sich aber nur im ­persönlichen Kontakt klären. Wie ­beurteilen Sie in dieser Hinsicht den Ausfall der Fachmessen?
Maurice Wolf: Vor allem der Wegfall der ProSweets Cologne ist für uns sehr schmerzlich. Für unsere Unternehmensgröße ist dies die beste Messe überhaupt, das Meet & Greet der Süßwarenbranche. Wir sind übrigens von Anfang an mit dabei. In Köln kommen viele Inhaber und Führungskräfte von KMU, unserer Kernzielgruppe, zu uns, während wir sonst meist mit Einkäufern und Betriebsverantwortlichen in Kontakt sind.

sp: Zurück zur familiären Struktur. Wie ist das Unternehmen hier derzeit aufgestellt?
Michael Lothar Wolf: Wir sind und bleiben ein traditionelles Familien­unternehmen, das ich nunmehr in vierter Generation als geschäfts­führender Mehrheitsgesellschafter zusammen mit meinem Bruder Stephan leite. 2010 haben wir hier in Bad Salzuflen-Holzhausen auf 7.000 Quadratmetern eine neue Verwaltung und Produktion mit moderner Ausstattung wie etwa Lasten-Kräne für die Wartung tonnenschwerer Conchen errichtet. Mein Bruder Stephan hat sich hauptsächlich um die Konzeption und Durchführung des Neubaus gekümmert. Derzeit beschäftigen wir 40 Mitarbeiter. Ich selbst bin seit 34 Jahren im Unternehmen aktiv. Jetzt arbeitet sich mit meinen Söhnen Maurice und Marvin sowie meiner Nichte ­Jasmin die nächste Generation in die Abläufe ein. Die Nachfolge ist­ ­also gesichert. Für ein Familienunter­nehmen ist es wichtig, dass alle Spaß und Freude an der Arbeit haben. Und ich kann wirklich sagen: Wir haben noch viel Freude an der Arbeit.

 

http://www.wolf-machines.de


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