sweets processing 5-6/2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Deutscher Verpackungskongress 2021: Wege zu mehr Nachhaltigkeit

Der 15. Deutsche Verpackungskongress fand unter dem Motto „Kein Lockdown für Nachhaltigkeit und Innovation“ erstmals als virtuelles Event statt. Zahlreiche Experten und Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und NGOs präsentierten nicht nur fundierte Positionen und Meinungen, sondern stritten um Lösungen, Strategien und Wege.


Keine recycelten Inhalte und keine Debatten, die sich im Kreis drehen, dafür viele fundierte Argumente, klare Meinungen und das gemeinsame Bestreben, die besten Wege und Lösungen für mehr Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Recycling zu identifizieren und voranzutreiben: Über 350 Teilnehmer machten den ersten virtuellen Deutschen Verpackungskongress des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (dvi) zu einem lebendigen und reichhaltigen Branchengipfel.

„Bei allen Unterschieden in den verfolgten Strategien und den präferierten Lösungen haben sich gleichzeitig viele Gemeinsamkeiten gezeigt“, fasst dvi-Geschäftsführerin Kim Cheng den Branchengipfel zusammen. „Beim grundsätzlichen Bestreben für mehr Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Recycling ziehen die Unternehmen an einem Strang. Was oft fehlt, ist Planungssicherheit, auch durch mangelnden politischen Mut. Deutlich wird dies etwa beim Thema Rezyklateinsatz. Hier sind wir technologisch schon viel weiter, als die politischen Aussagen dazu vermuten lassen.“

Auf dem Kongress wurde deutlich, dass es weder für Verpackungshersteller noch für Markenunternehmen und Handel den einen, seligmachenden Packstoff gibt. „Für die immense und heterogene Vielfalt an Produkten brauchen wir die ganze Bandbreite an Materialien“, betonte Kim Cheng. „Unabhängig vom verwendeten Packstoff zeigt sich, dass das Prinzip der 3R – Reduce, Reuse, Recycle – fest in den Strategien der Unternehmen verankert ist.“

Auch nach Ansicht von Bernd Büsing, Leiter Corporate Packaging bei Nestlé Deutschland, gibt es keinen Königsweg für nachhaltige Verpackungen. Es brauche das Zusammenspiel mehrerer Ansätze und Wege. Für Nestlé ist das definierte Ziel, bis 2025 alle Verpackungen wiederverwendbar oder recycelbar zu machen. In diesem Zuge sollen der Einsatz von Virgin-Kunststoff um ein Drittel gesenkt und die Netto-Klimaemissionen bis 2050 auf null reduziert werden. Um dies zu erreichen, will das Unternehmen auch in Märkten mit fehlender oder unterentwickelter Sammel-, Sortier- und Recyclinginfrastruktur unterstützend aktiv werden.

Das strategische Vorgehen von Nestlé basiert auf fünf Säulen. Säule 1 ist die Reduktion des Verpackungsaufwands in Bezug auf die Menge des eingesetzten Materials. Säule 2 ist die Skalierung von wiederverwendbaren oder nachfüllbaren Verpackungssystemen. Auch dieser Schritt dient der Reduktion überflüssiger Verpackungsmengen. Säule 3 umfasst Pionierarbeit im Feld alternativer Packstoffe. Im Fokus stehen hier Vereinfachungen und Effizienzsteigerungen im Recyclingprozess. Säule 4 beinhaltet die Unterstützung des Aufbaus von Infrastruktur der Kreislaufwirtschaft. Säule 5, schließlich, zielt auf die Etablierung und Förderung aufgeklärten und verantwortungsbewussten Handelns im eigenen Unternehmen sowie bei Konsumenten, Handelspartnern und Zulieferern.

Dass die Nachhaltigkeitsinnovationen rund um die Verpackung bei den Verbrauchern ankommen, zeigt eine repräsentative Umfrage, die das dvi direkt vor dem Kongress hatte durchführen lassen. Mit 44,0 % attestiert rund die Hälfte der Befragten den Verpackungen klare Fortschritte bei der Umweltfreundlichkeit in den vergangenen zwei bis drei Jahren, nur 15,7 % sehen Rückschritte.

Um Nachhaltigkeit weiter zu verankern und die Kreislaufwirtschaft der Verpackung weiter zu fördern, formuliert das dvi vier Handlungsempfehlungen hinsichtlich Ökobilanzen, Rezyklat-Einsatz, Ausbau der Infrastruktur und Konsumenten-Ansprache.

Ökobilanzen: Politik und auch NGOs müssen ihre Entscheidungen und Forderungen auf einer ökobilanziellen Faktenbasis treffen. Die Festlegung auf ein bestimmtes Material oder eine bestimmte Art von Verpackungen ist kontraproduktiv. Zu einer reellen Ökobilanz gehören beispielsweise der Materialeinsatz sowie die Menge und Art der eingesetzten Energie bei der Produktion, aber auch beim Recycling, das Gewicht und Volumen der Verpackungen als Faktor beim Transport, die Transportwege innerhalb der Wertschöpfungskette, der Einsatz von Wasser oder Chemikalien für Produktion oder Reinigung im Falle von Mehrweg. Das Bundesumweltamt muss entscheiden, welche Faktoren in welchem Maß in die Nachhaltigkeitsbewertung einfließen.

Gesteigerter Einsatz von Rezyklat: Die Verwendung von Rezyklat ist zentral. Speziell beim Kunststoff können Kreisläufe nur geschlossen werden, wenn die Verpackungen nicht nur gesammelt und recycelt werden, sondern das Rezyklat auch für neue Verpackungen eingesetzt wird. Erst wenn es einen funktionierenden Markt für Rezyklat gibt, kann sich der Kreis schließen. Auch hier ist vor allem die Politik gefragt. Es gibt diverse Modelle zur Förderung des Rezyklat-Einsatzes. Erforderlich ist ein klarer Weg, der Planungssicherheit gibt, Qualitäts- und Produktsicherheit des Rezyklats gewährleistet und die Menge des eingesetzten Rezyklats deutlich steigert.

Ausbau der Infrastruktur: Die Infrastruktur der Kreislaufwirtschaft muss weiter ausgebaut werden. Es hilft wenig, wenn Verpackungen theoretisch stofflich wiederverwertbar sind, die Wiederverwertung am Ende aber nicht stattfindet. Erforderlich sind mehr Kapazitäten und innovative Verfahren, um auch bisher nicht recycelbare Materialien stofflich wiederverwerten zu können. Die Unternehmen der Branche leisten hier ihren Teil, etwa über neue Verfahren oder über unsichtbare Codes, die die jeweiligen Materialien einer Ver packung kennzeichnen und eine effiziente und lückenlose Sortierung ermöglichen. Die EU will Kreislaufwirtschaft im Rahmen ihres Green Deal auch zum Motor für Job- und Wirtschaftswachstum machen. Auch dabei gilt: Nicht nur fordern, sondern auch fördern.

Konsumenten ins Boot holen: Kreislaufwirtschaft funktioniert nur im Team von Wirtschaft, Politik und Verbrauchern. Die Konsumenten sind ein entscheidendes Element. Nur das, was sie richtig in den Sammelsystemen entsorgen, erreicht am Ende die Recyclinganlagen. Um den Konsumenten die Aufgabe möglichst einfach zu machen, müssen Verpackungen klar anzeigen, wie sie zu entsorgen sind. Zudem müssen die Verpackungsbestandteile aus unterschiedlichen Materialien möglichst schon im Privathaushalt leicht getrennt werden können. Convenience bei der Entsorgung ist ein wichtiger Punkt. Verbraucher wollen Lösungen, keine Aufgaben.

 

http://www.verpackung.org


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