Das Netzwerk der Verpackungsbranche traf sich kürzlich im Rahmen der Digitalen Verpackungstage des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (dvi). Rund 300 Teilnehmer profitierten von Impulsen und konkreten Einblicken zu nachhaltigen Materialinnovationen und Technologien, maschinenlesbaren Verpackungssystemen sowie preisgekrönten Start-up-Technologien für Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung.
Die Dresdner Verpackungstagung ist seit 30 Jahren eine wichtige Netzwerk- und Informations-Plattform für die Branche. Diesen Charakter konnten wir auch in Corona-Zeiten durch das Format der Digitalen Verpackungstage erfolgreich erhalten“, freute sich dvi-Geschäftsführer und Veranstaltungs-Moderator Winfried Batzke.
Zum Auftakt hatten die Unternehmen Nestlé, Tetra Pak, Jokey, Tchibo und die Schwarz Gruppe (Lidl, Kaufland) ihre Nachhaltigkeitsprojekte einem Studierendenpanel präsentiert und zur Diskussion gestellt. In der großen Runde aller Teilnehmer ging es dann um das Thema Nachhaltigkeit, das aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wurde. Ressourcenschonung, Abfallvermeidung, Kreislaufwirtschaft und Recycling spielten bei den Kurzvorträgen und Start-up-Präsentationen die Hauptrolle.
Über einen noch recht unbekannten, aber vielversprechenden nachhaltigen Rohstoff für Verpackungen informierte Michail Ginsburg, Bereichsleiter und Prokurist des zur Schwarz-Gruppe gehörenden Entsorgungs- und Umweltdienstleisters PreZero und dessen Tochterunternehmens OutNature. Die „Durchwachsene Silphie“ ist eine mehrjährige Pflanze, die bislang vor allem als Energiepflanze für Biogasanlagen genutzt wird. „Sie eignet sich jedoch auch sehr gut für die Papierherstellung und weist dabei eine negative CO2-Bilanz auf“, betonte Michail Ginsburg. Anders als etwa bei der Verwendung von Gras, könne „störendes“ Lignin bereits beim Wasch- und Faseraufschlussprozess herausgewaschen werden. Zudem sei Silphie komplett recyclingfähig. Weitere Vorteile seien eine natürliche Färbung ohne chemische Bleiche, eine Opazität von über 95 %, ein guter Stauch- und Berstwiderstand, gute Rill-, Falz- und Stanzsowie Verarbeitungs- und Druckeigenschaften in den gängigen Verfahren. Auch Barriere-Lösungen seien mit Silphie-Papier möglich.
Fabian Solf, CTO & Co-Gründer des Start-ups Papair, stellte den Teilnehmern der Digitalen Verpackungstage eine innovative Lustpolsterfolie aus Papier vor. Die Folie besteht aus 100 % Recyclingpapier und kann daher vollständig über den Altpapierkreislauf entsorgt und wiederverwertet werden. Erste Verfügbarkeiten von Rollware sind für Ende 2021 geplant.
Wie man Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung zusammenbringt, zeigte Christian Schiller, Mitgründer und Geschäftsführer des Start-ups Cirplus. Die B2B-Plattform ist zugleich Marktplatz für die Recyclingindustrie und Beschaffungssoftware für Verwender von Kunststoff. Über Cirplus können Rezyklate in allen Qualitäten sowie in Spot- oder Kontaktmengen beschafft werden. Die Vorteile und technischen Features von Cirplus fasste Christian Schiller so zusammen: „Neuer Standard DIN SPEC 91446 für Rezyklate, KIbasierte Mengen- und Preisvorhersage, globales Track & Trace, Labortests und Zertifizierungen, Einbindung der Logistik sowie Zahlungsabwicklung und Kreditversicherung.“
Eine innovative digitale Plattform stellte auch Vivian Loftin, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Recyda vor. Das cloudbasierte Bewertungstool prüft Verpackungen auf ihre Recyclingfähigkeit und Konformität für unterschiedliche nationale Märkte weltweit. Das Tool gibt sowohl allgemeine, als auch marktbezogene Optimierungsvorschläge und zeigt transparent auf, welche Verpackungen, Packhilfsmittel, Materialien oder verwendete Stoffe jeweils konform mit den entsprechenden Regularien sind, respektive, wo nachgebessert werden muss. „Das Tool schließt auch Aspekte wie Nachfrage, Recyclingströme oder Infrastruktur ein“, merkte Vivian Loftin an.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenzubringen, ist nicht nur ein benanntes Ziel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, sondern auch ein Anliegen des dvi, das bei den Digitalen Verpackungstagen in die Praxis umgesetzt wurde.
Adolf Ahrens, Inhaber der Consultingagentur Pack+Print Consulting, stellte das Digimarc-System, das Projekt Holy Grail 2.0 sowie das „Erste maschinenlesbare Verpackungssystem für die Optimierung der gesamten Prozesskette bis zum hochwertigen Recycling“ vor. Dieses von Netto Marken Discount entwickelte System basiert auf einer „unsichtbaren“, maschinenlesbaren Kennzeichnung, die Träger aller gewünschten und geforderten Informationen ist. „So kann der Code beispielsweise die exakten Informationen über das verwendete Verpackungsmaterial beinhalten und so den Detektions- und Sortierprozess im Recycling erheblich effizienter machen“, erklärte Adolf Ahrens. „In Bezug auf die Automatisierung bei Lagerung und Logistik bringt das System eine Scanbarkeit über größere Entfernung.“ Ein weiterer Vorteil sei die einfache Erfassung des Codes beim Check-out an der Kasse. Das relativ einfache System
ermögliche auch die Optimierung von Produktion und Qualitätskontrolle im Abpackprozess.
Christian Baumann, CEO & Gründer von PackPart stellte das Leistungsspektrum seines innovativen Matching-Systems für Hersteller von Verpackungsmaschinen und deren Kunden vor. Es bietet eine schnelle, einfache und effiziente Möglichkeit, den richtigen Partner zu finden. „Dafür wird der Kunde zum Start durch einen digitalen Fragebogen gelotst, wo er die notwendigen Spezifikationen eingeben und sein Projekt darstellen kann“, sagte Christian Baumann. „Auch bestehende Partner und Lieferanten können eingebunden werden.“
Über Datengewinnung und Energieeinsparungen im Siegelprozess sprach Dr. Sascha Bach, Geschäftsführer und CTO von Watttron. Die Siegelsysteme sollen beispielsweise dort wertvolle Dienste leisten, wo durch den Einsatz nachhaltiger Monomaterial-Lösungen die Toleranzfenster für das Siegeln immer kleiner werden. Ein weiterer Nutzen der Watttron-Technik sei ihr Einsatz in der Qualitätsüberwachung und -prüfung. Die oberflächennah positionierten Sensoren könnten zum Beispiel Produktreste erkennen, da in diesem Bereich mehr Wärme abgezogen werde. Das Watttrix-Net überwache dabei den gesamten Siegelprozess und sammle Daten, die nicht nur für Maschinenbauer von großem Interesse seien, sondern auch für Produzenten, Handel und Materialhersteller.