sweets processing 1-2/2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Choco-Tec-Webseminar beschäftigt sich mit Zukunftsthemen

In diesem Jahr fand der Choco-Tec-Kongress erstmals nicht wie gewohnt im Kongresszentrum Köln-Nord statt, sondern als digitales Event der Webseminar-Reihe „Choco Tec – Whistle- blower“. Der erste Block der Reihe lief kürzlich unter dem Motto „Die Zukunft fest im Blick“.


Der erste Vortrag wurde diesem Motto mehr als gerecht: Dr. Tobias Voigt von der Technischen Universität München (Brau- und Getränketechnologie) stellte das Projekt „ChoConnect“ vor, das Informationsmodelle für Weihenstephaner Standards über OPC UA bereitstellt. Mit OPC wird der Zugriff auf Maschinen, Geräte und andere Systeme im industriellen Umfeld standardisiert und ermöglicht den gleichartigen und herstellerunabhängigen Datenaustausch.

Der Referent erörterte anhand des vorgestellten ChoConnect-Projekts, an dem Maschinenhersteller wie WDS, Sollich oder Theegarten-Pactec beteiligt sind, wie eine effiziente Schokoladenproduktion mithilfe des IoT (Internet der Dinge) aussehen kann. Einer der implementierten Anwendungsfälle des Projekts war zum Beispiel eine dezentrale Anlagenregelung. Hier demonstrierte der Referent anhand des Beispiels einer Eintafelanlage, die möglichst durchgängig produzieren soll, wie mittels der Kommunikation der Maschinen untereinander das Speichersystem entlastet wird, indem die Verpackungsanlage die Geschwindigkeit erhöht. Im entgegengesetzten Fall kann die Eintafelanlage frühzeitig erkennen, wenn etwa Störungen bei der Verpackungsmaschine auftreten und die Produktionsgeschwindigkeit herunterregeln, damit es nicht zu Störungen in der Produktion kommt. Der Referent forderte die Schokoladenhersteller auf, an der Weiterentwicklung der sogenannten Libraries mitzuwirken.

Im zweiten Vortrag des Tages ging es um ein brandaktuelles Thema: Anselm Elles von AFC Risk & Crisis Consult legte anhand von Maßnahmenplänen dar, wie „Business continuity in Folge von Pandemien“ sichergestellt werden kann. Zielführendes Pandemie-Management sei stets ein Mix aus Notfallplanung, Hygiene- und Produktionsplanung, Entzerrung von Schichten und Kreuzungswegen, Lieferanten- und Kundenmanagement und vor allem: Kommunikation.

Yannick Senn und Géraldine Gubser von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW begannen ihren Vortrag mit einer spannenden Fragestellung: Kann man Schokolade im Labor herstellen? Ursprüngliches Ziel war, herauszufinden, ob eine Zellkultur aus dem Labor dieselben kakaotypischen Inhaltsstoffe generieren kann wie die Bohne aus der Natur. Fazit: Der untersuchte Polyphenolgehalt der Zellkultur war bei den gemessenen Analyten Epicatechin, Procyanidin B2 und C1 und Cinnamtannin A2 sehr ähnlich oder etwas höher als bei der Referenzkakaobohne. Interessanterweise waren die Alkaloide Koffein und Theobromin jedoch geringer, respektive fast gar nicht vorhanden.

Die positiven Ergebnisse der Studie führten zu der Idee, aus der gewonnenen Zellmasse durch Etablierung einer Suspensionskultur und anschließender Massenvermehrung im wellendurchmischten Bioreaktor eine Schokolade herzustellen. Dafür wurde die Biomasse gemahlen, geröstet und mit Kakaobutter, Zucker und Lecithin vermengt, geschmolzen und in Form gegossen. Die so entstandene Schokolade wurde im Anschluss zur Verkostung an das Sensorik-Panel der Hochschule weitergegeben. Aufgrund der positiven Rückmeldung der Verkostung („fruchtiges Beerenaroma“) werden die Mitwirkenden die Schokoladenherstellung im Labor weiterverfolgen und planen neue Projekte.

Prof. Dr. Erich Windhab von der ETH Zürich zeigte in seiner Präsentation auf, wie sich die Vorkristallisation und das Zusammenspiel von Wärmeübergangskoeffizienten, Temperatur, Erstarrungs- und Formablösungseigenschaften über den Form-/Produktoberflächen oder im Produkt sowie die Formposition im Kühltunnel auf das Kristallisationsverhalten auswirkt. Die Messungen mithilfe der ETH-Inline-Messplattform Detachlog 4.0 bildeten die Grundlage für die aero- und thermodynamische Optimierung von Schokoladenformen und Entwurfskriterien von Kühltunneln, um homogene, hochwertige Oberflächen-, Textur- und Stabilitätseigenschaften der Schokoladenprodukte zu erzielen.

In der Studienserie wurden Zusammenhänge von Verarbeitungsparametern für die Prozessschritte Tempern, Formgießen, Abkühlen und Ausformen mit den Qualitätsmerkmalen des Endprodukts quantifiziert. Die Ergebnisse veranschaulichen, wie etwa durch eine Veränderung des Formendesigns (Begrenzung der Längen und Höhenmaße) oder der Strömungsrichtungen im Kühlkanal eine Optimierung des Wärmetransfers bis 20 % erreichbar ist.

Das Brechen der Kakaobohnen ist ein wichtiger Prozessschritt für das Qualitäts- und Ertragsmanagement bei der Schokoladenherstellung. Dr. Tobias Lohmüller von der Hamburg Dresdner Maschinenfabriken GmbH spannte mit seinem Vortrag „Erste Schritte zum autonomen Winnowing“ den Bogen zum ersten Vortrag des Tages und stellte anhand des Vorgangs beim Kakaobrechen dar, wie mittels eines intelligenten Online-Überwachungstools die Ausbeute beim Winnowing maximiert werden kann und die erwarteten Nibs in Schalenqualität gehalten werden.

Im letzten Vortrag des Tages ging es Ynzo van Zanten, „Schoko-Evangelist“ von Tony`s Chocolonely vor allem um eines: Die Mission, Kakaobauern einen fairen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Mittlerweile wird Tony`s Chocolonely bereits in weiten Teilen Nordeuropas und in den USA verkauft. In den Niederlanden hat sie bereits klassische Schokoladenmarken überholt. Dass Wachstum und soziales Unternehmertum gut zusammenpassen, veranschaulichte Ynzo van Zanten in seinen Ausführungen, die er mit den Worten beendete: „Zusammen können wir Schokolade zu hundert Prozent fair machen. Verwenden Sie vollständig rückverfolgbare Kakaobohnen, zahlen Sie einen fairen Preis, gehen Sie langfristige Beziehungen ein, tragen Sie zur Verbesserung der Produktivität bei.“

Das erste „Whistleblower“-Web-seminar bot jedoch nicht nur hochinteressante Fachbeiträge, sondern auch Gelegenheit zum Austausch. So gab es nach jedem Vortrag die Möglichkeit, per Audiozuschaltung oder Chat Fragen zu stellen, was von den Teilnehmern rege genutzt wurde. Auch die Diskussionsrunde mit allen Vortragenden am Ende des Tages konnten die Teilnehmer dazu nutzen, im direkten Gespräch mit den Referenten Themen zu diskutieren und verbliebene Fragen zu stellen. Die weiteren Blöcke der Reihe sind für den 09.02., 14.04., 09.06. und 09.09.2021 geplant.

 

http://www.choco-tec.com


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