sweets processing 7-8/2018

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Verpackungen werden interaktiv

Der QR-Code, der über eine URL die Codierung einer großen Anzahl an Informationen ermöglicht und mit dem die Verbraucher erweiterte Produktinformationen abrufen können, hat sich weltweit durchgesetzt. Doch die Technologie hat sich inzwischen weiterentwickelt: Die Barcodes werden jetzt auf den Verpackungen unsichtbar. Peter Roßkamp gibt einen Einblick in die Materie. Teil 1: die Technologie.

Von Peter Roßkamp, geschäftsführender Gesellschafter d


Der QR-Code, der 1994 von der japanischen Firma Denso Wave entwickelt wurde, ist ­inzwischen weltweit etabliert. „Quick Response”, wofür QR steht, ermöglicht über eine URL die ­Codierung komplexer Informationen, so dass diese schnell und unkompliziert abge­rufen werden können. Ursprünglich für die Produktionslogistik in der ­Autoindustrie entstanden, dient das System längst auch als bedeutendes Informationsmedium für die Konsumenten in der Konsumgüterindustrie. Die Technologie wurde ständig weiter­entwickelt und hat in jüngster Zeit mit der unsichtbaren Verschlüsselung die nächste Innovationsstufe erklommen.

Verantwortlich dafür ist die Techno­logie der US-amerikanischen Digimarc Corporation, mit der nun alle GTIN (Global Trade Item Number) der GS1 Germany-Kunden unsichtbar verschlüs­selt werden können. Im Prinzip handelt es sich um Strichcodes, die für das bloße Auge unsichtbar über die gesamte bedruckte Fläche des Produkts aufgebracht werden – deshalb ein digitales Wasserzeichen. Das ­Verfahren, das bereits von US-amerikanischen Supermarktketten wie etwa Wegmans eingesetzt wird, verspricht vor allem schnelleres Scannen der ­Artikelnummer und dadurch einen schnelleren Check-out-Prozess.

Der Digimarc-Code bedient sich der Technik der Steganografie. Um die Verpackung mit den Wasser­zeichen zu versehen, wird ein Algorithmus verwendet, der einzelne Farbpixel geringfügig verändert. Und zwar so, dass es elektronisch auslesbar ist, aber dem menschlichen Auge nicht auffällt. Gesonderte oder zusätzliche Druckfarben sind nicht erforderlich, und der Verpackungsdruckprozess wird kaum tangiert.

Die Umsetzung ist denkbar einfach: Die Integration einer GS1-lizenzierten GTIN in die Druckvorlagen durch Digimarc Corporation oder durch einen zertifizierte Druckformhersteller dauert nur wenige Tage. Aufgebracht werden kann der Digimarc-Code dann auf allen handelsüblichen Packmitteln und Druckträgern und in allen gängigen Verpackungsdruck-Verfahren. Die Decodierung wurde auf verschiedenen Artikeln erfolgreich getestet. Grenzen ergeben sich in der Auslesbarkeit bei sehr kleinen Artikeln und bei sehr dunklen, monofarbigen Verpackungen.

Derartige digitale Wasserzeichen sind entstanden und werden bisher vor allem eingesetzt, um Informationen eines Rechte-Inhabers in sein Werk einzubetten, um Urheberrechtsverletzungen und illegale Nutzung eines Werks zurückverfolgen und nachweisen zu können. Das bekannteste und am weitesten verbreitete Produkt für die Generierung digitaler Wasserzeichen in Bildern ist das Programm PictureMarc der Digimarc Corporation, das sich in die meisten Bildbearbeitungsprogramme inte­grieren lässt. Als Marktführer der unsichtbaren digitalen Codierung vor allem von Bildwerken hat das Unternehmen jetzt eine solche Anwendung auf die Codierung des GTIN/EAN auf Produktverpackungen übertragen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Obwohl die digitalen Wasserzeichen mit dem menschlichen Auge nicht ­direkt wahrnehmbar sind, sind sie auf der gesamten Packung – sozusagen rundum – präsent. Der unsichtbare Strichcode lässt sich also aus jeder beliebigen Richtung erfassen und mit einem Reader digital detektieren und auslesen. Die Strichcodes müssen also auf Verpackungen nicht gesucht, gefunden und mittels Laser gescannt werden. Vielmehr wird die Packung ohne Umräumen oder irgendeine Ausrichtung mit einem Imager fotografiert.

Solche Imager sind in zahlreichen Baureihen von Scannerkassen inte­griert oder relativ leicht mit entsprechender Software nachrüstbar. Das entscheidende Merkmal des unsichtbaren Digimarc-Codes ist die Tat­sache, dass er mit jedem handelsüblichen Smartphone mit Kamera mithilfe einer App detektierbar ist.

Auch hier gilt: Im Unterschied zum QR-Code, der aufgesucht und fokussiert werden muss, reicht es für die ­Erfassung des Digimarc-Codes, die Kamera auf das Packungsbild zu richten. Im Prinzip, ohne es in die Hand oder aus dem Regal zu nehmen – ganz einfach und bequem. Der größte Vorteil ist in der Verkürzung des ­Kassiervorgangs zu sehen: Der Strichcode an der Ware muss nicht gesucht und positioniert werden, sondern der Artikel einfach in beliebiger Richtung am Imager gehalten respektive vorbeigeführt werden. Bei Testdemon-strationen wurde eine Halbierung der Zeit für die Erfassung aller Artikel gemessen.

Obwohl das System im Discountkanal wegen des Eigenmarken-­Anteils am einfachsten umsetzbar wäre, dürfte der Nutzen hier geringer sein, da die Eigenmarken bereits fast allseitig mit Strichcodes versehen sind und so eine kaum zu beschleunigende ­Erfassung gegeben ist. Großen Nutzen ergibt der unsichtbare Rundum-Code wahrscheinlich vor allem im Self-Check-out: Hier wird der Abwicklungsprozess beschleunigt und vereinfacht – und durch Reduktion des Aufwands für den Kunden insgesamt praktischer und bequemer gemacht.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil liegt in der Optimierung der Gestaltung von Verpackungen: Wenn zu den zunehmenden Zertifikaten, Auszeichnungen, Labels, Icons und dergleichen auf Verpackungen mehrere sichtbare Strichcode-Pflaster – oft auch auf mehreren Seiten – kommen, verlieren die Artikelverpackungen ihre kommunikative Funktion und Attraktivität. Ein unsichtbarer Code für beide Funk­tionen, sowohl für das Kassensystem als auch die Shopper-Mobile ist viel vorteilhafter als jeweils einzelne sichtbare für die Kasse (Strichcode) und für den Shopper (QR-Code).

Als entscheidender Vorteil rückt in den Vordergrund, dass durch den Digimarc-Code der Artikel interaktiv wird. Und zwar, indem er nicht nur Informationen für die Kasse, sondern auch für den Shopper/Konsumenten eine URL bietet, mit der dieser einfachsten Zugriff auf Produktinforma-tionen hat – auf Produktdaten wie Rezeptur, Herstellung, Nährwert, Allergene und dergleichen, bis hin zu Instrumenten der Verkaufsförderung wie Angebote, Empfehlungen, Rezepte oder Coupons. All dies, indem die Smartphone-Kamera einfach auf den Artikel gerichtet wird – unter Umständen, ohne ihn in die Hand zu nehmen. Ein bedeutender Vorteil für den Verbraucher.

In Teil 2 in der kommenden Ausgabe der „Sweets Processing“ berichtet der Autor über die Auswirkungen der neuen Technik auf den POS und auf die ­Customer Journey.

 

http://www.detema.de


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