sweets processing 3-4/2018

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Schimmelpilz-Gift in Rohkakao: Dem Geheimnis auf der Spur

Durch Fehlentwicklungen bei Fermentation und Trocknung von Rohkakao können gesundheitsgefährdende Schimmelpilz-Gifte entstehen. Ein interdisziplinäres Projekt soll aufzeigen, wie sich diese Schadstoffe minimieren und die Produktsicherheit steigern lassen.

Von Dr. Jörg Häseler


Gerade für hochwertige dunkle Schokoladen sind Rohkakaos mit hoher sensorischer Qualität unverzichtbar. Diese Qualität hängt wesentlich vom genetischen Hintergrund der Kakaobäume sowie von Fermentation und Trocknung ab. Während letzterer werden in den ­Kakaosamen die Vorstufen für das Schokoladenaroma gebildet und ­Bitterstoffe abgebaut. Bei Fehlfermentationen können unerwünschte Aromen entstehen und Mykotoxin-(Schimmelpilz-Gift)-Kontaminationen, speziell mit Ochratoxin A (OTA), auftreten. Dieser Stoff kann Nierenerkrankungen und – möglicherweise – Krebs verursachen.

OTA wird unter anderem von ­niederen Pilzen gebildet. Gerade bei suboptimalen Lagerbedingungen können sich die entsprechenden Toxinbildner auch in gemäßigten Klimazonen entwickeln. Die Substanz kommt fast ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln weltweit vor, darunter Getreide, Kaffee, Weintrauben und daraus hergestellte Erzeugnisse sowie Kakao, Nüsse und Gewürze. Problematisch an OTA ist, dass es nach dem Verzehr kontaminierter Produkte nur sehr langsam aus dem Körper ausgeschieden wird.

Die mögliche Belastung von Rohkakao resultiert offenbar vorwiegend aus Fehlentwicklungen während der Fermentation und Trocknung, wodurch sich die Schadpilze etablieren können. Der Einfluss und vor allem das Zusammenwirken dieser Faktoren bei der Entwicklung spezifischer biochemischer und sensorischer Profile sind nicht abschließend untersucht. Trotzdem ist der weltweite Standard nach wie vor ein spontaner Fermentationsprozess, der keine echte Prozesskontrolle erlaubt. Dies ist einer der Gründe, weshalb sich Rohkakao durch eine hohe, unbefriedigende qualitative Heterogenität auszeichnet.

Hinzu kommt, dass, bedingt durch den steigenden Konsum, die erzeugten Rohkakaomengen den Industriebedarf mehrfach nicht decken konnten. Aufgrund dieser Umstände haben Schokoladenhersteller zunehmend Schwierigkeiten mit der Beschaffung von Rohkakao mit gleichbleibender sensorischer Qualität. Gleichzeitig gewinnen Rohkakaos mit spezifischen sensorischen Eigenschaften und definierter Herkunft immer stärker an Bedeutung.

Wie der Kakaogenotyp, die Anbaubedingungen, die Fermentation mit ausgewählten Starterkulturen und die Trocknung auf die Entwicklung spezifischer sensorischer Profile Einfluss nehmen, soll nun systematisch untersucht werden. Daher wollen fünf Forschergruppen aus Deutschland und Peru gemeinsam die sensorische Entwicklung von Rohkakao entschlüsseln: Im Rahmen des interdisziplinären Projekts „Qualitätsverbesserte Kakao- und kakaobasierte Produkte mit Aromaprofilen nach Bedarf – Vom Anbauer zur Schokoladentafel“ stellen sie eine Modellbe- und -verarbeitungskette auf, in der alle Verarbeitungsschritte erfasst sind.

Hierzu zählen der Einfluss und das Zusammenwirken von Anbaubedingungen, Kakaogenotyp, Kakaosamen­physiologie, Fruchtpulpa, Fermentation mit ausgewählten Starterkulturen sowie Trocknung bei der Entwicklung spezifischer biochemischer Zusammensetzungen und sensorischer Eigenschaften in Rohkakao und Schokolade. Parallel wird die Eignung von Schnellmethoden zur Analyse und Kontrolle der spezifischen Qualitätseigenschaften geprüft.

Der Einsatz von Starterkulturen soll es ermöglichen, eine Minimierungsstrategie für Mykotoxine zu etablieren und die Produktsicherheit zu steigern. Die abgeleiteten Handlungsempfehlungen sollen zudem zu einer Stabilisierung der gesamten Wertschöpfungskette beitragen. Basierend auf den Ergebnissen, soll ein Verarbeitungsprotokoll für Kakao erstellt werden, das die reproduzierbare Erzeugung eines spezifischen sensorischen Profils im Sinne eines „Flavour on Demand“ ermöglichen soll.

 

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