sweets processing 9-10/2023

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

ZDS

 
 
 
 
 

Zukunftstage Schokoladentechnologie

In Freising fand Ende Juni 2023 in Kooperation des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) und der Industrievereinigung für Lebensmittel- technologie und Verpackung e. V. (IVLV) diese Tagung statt. Insgesamt waren hierzu über 80 Teilnehmende zu verzeichnen, die eine breite Palette an Themen geboten bekamen.

Von Dr. Jörg Häseler


Im Lindenkeller begrüßten Oliver Stricker (August Storck KG, 1. Obmann der IVLV AG Schokoladentechnologie) und Dr. Marc Lutz (Migros Industrie AG, 2. Obmann der AG) die Interessierten. Ebenso glücklich über die Teilnehmendenzahl waren die wissenschaftliche Leiterin der Tagung Dr. Isabell Rothkopf vom IVLV und der IVLV-Geschäftsführer Dr.-Ing. Tobias Voigt.

Die Tagung mit großer Bandbreite startete mit dem Themenfeld „Füllungen und Aufstriche“. Über die Ölmobilität in Nusspasten und ihre Steuerung durch die Prozesstechnik informierte Hilke Schacht (IVV). Sie zeigte, dass die Einstellung des Mahlgrades der Haselnüsse den stärksten Einfluss auf die Eigenschaften der Nougatpasten bei allen Messungen hatte: Eine gröbere Vermahlung führt zu einer Absenkung des Ölbindevermögens, der Viskosität, der Fließgrenze, der Stabilität gegen Verformung sowie der Elastizität. Als Grund hinsichtlich des Ölbindeverhaltens führte sie unter anderem an, dass beim feinen Mahlen mehr Partikeloberfläche zur Verfügung steht, an die sich das freie Öl anlagern kann. Im Gegensatz dazu führt eine kürzere Mischzeit zu einem höheren Ölbindevermögen sowie zu einer besseren Stabilität gegen Verformung. Es ist jedoch zu beachten, dass die mit zunehmender Mischzeit steigenden Temperaturen im Thermomix wahrscheinlich einen Einfluss haben.

Gerade das Monohydrat der α-Variante des Disaccharids Laktose führt zu einem unangenehmen Mundgefühl, so die Ausführungen von Dr. Gottfried Ziegleder (IVV). Eng verbunden mit diesem Phänomen ist der Wassergehalt von Schokolade. Yvonne Guckenbiehl (IVV) erläuterte ihre Erkenntnisse des Wassers als Transportmedium für Aromastoffe, denn es fungiert als Schleppmittel für Aromastoffe aus den Kakaoteilen auf den Zucker. Weiterhin können kleine Wassermengen bei der Schokoladenherstellung große Auswirkungen auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften haben. Darüber hinaus präsentierte sie Methoden zur analytischen Bestimmung des Wassergehalts. Was zunächst trivial klingt, ist es allemal nicht. Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile und es kann nicht die einzige Methode genannt werden, die alle Anforderungen erfüllt. Denn es werden jeweils unterschiedliche Wasserarten bestimmt, unter anderem Kristallwasser oder freies Wasser.

Unter dem Titel „Schmeckt’s? – Aromacharakteristika von Milchpulver und Milchschokolade“ erklärte Dr. Eva Ortner (IVV) den Einfluss des Conchierens auf den Gehalt an amorpher Laktose. Aufschlussreiche Erkenntnisse wurden weitergegeben. Einen signifikanten Einfluss haben die Conchiertemperatur sowie das gewählte Rohmaterial und die Belüftung. Ein geringerer Gehalt an amorpher Laktose korreliert mit einer geringeren Viskosität, einer niedrigeren Fließgrenze sowie einem niedrigeren Wassergehalt. Darüber hinaus gab es praktische Hinweise zu den retronasalen Aromaprofilen von Milchschokoladen. So besteht keine Korrelation der sensorischen Daten mit den quantitativen Daten für den Frischmilchgeschmack.

Tiefe Einblicke in die Produktion ermöglichte Dr. Ulrich Adolphi (Wilhelm Reuss GmbH & Co. KG Lebensmittelwerk), der seine Beobachtungen aus der Praxis vorstellte. Dabei ging es vor allem um die Viskosität als Schlüssel zum Verständnis von Schokoladenherstellung und -verarbeitung. „Viskosität ist ein viel zu einfacher Begriff für die Komplexizität“, so seine Ausführungen. In der Zusammenfassung legte er dar, was eine Flüssigkeit, was ein Feststoff und was eine Schokolade bezüglich dieses Begriffs sind:
• Öle und Fette verhalten sich wie Newtonsche Flüssigkeiten, das heißt, dass nur die Molekularbeweglichkeit die Viskosität bestimmt – unabhängig von der Scherung.
• Konzentrierte Dispersionen wie Schokolade zeigen nichtnewtonsches Verhalten.
• Das Verhalten im festen Zustand kann auf viskoelastische Eigenschaften zurückgeführt werden.

Holger Hölzemann (Mondelez International) führte durch die Produktion der Schokolade und wies auf die Kontaminationsquellen durch die stäbchenförmigen Salmonellen hin, deren Keimreduzierung gerade am Anfang des Produktionsprozesses der Schokolade von Relevanz ist. Wichtigste Eintrittspforten dieser Mikroorganismen ist die Kakaobohne, aber auch Nüsse können von sich aus kontaminiert sein. Das Fatale an Salmonellen ist ihre Überdauerungsmöglichkeit. Er sprach die Empfehlung aus, dass eine Dampfbehandlung zur Beseitigung von Salmonellen wirksamer ist als eine Trockenröstung.

Er ging auf die generelle Hygiene ein und wies darauf hin, dass bei Erweiterungen von Anlagen Totvolumina vermieden werden müssen, da sich diese häufig der Reinigung entziehen. Solche Stellen sind ideal für die Bildung eines Biofilms, der viele Chargen kontaminieren kann.

Andrea Strube (IVV) warf einen intensiven Blick auf die Yacónwurzel als Quelle für alternative Süßungsmittel für Müsliriegel und Schokoladenfüllungen, denn die Wurzel enthält Fructooligosaccharide (FOS) und Inulin. Sie bezeichnete die aus Südamerika stammende Wurzel als „Gamechanger“ in der Welt der süß schmeckenden Stoffe. Allerdings ist die Nutzung mit zahlreichen Fragestellungen verbunden, die es zu lösen gilt.

Insbesondere stellen die Kosten von Yacón-Knollen und die Suche nach wirtschaftlicher Rentabilität eine Herausforderung dar. Kostengünstig ist es momentan nicht, denn in Europa wird die Wurzel, deren Geschmack an eine Mischung aus Gurke, Kohlrabi und Melonen erinnert, äußerst selten angebaut. Hinzu kommen Probleme der Lagerung, denn die Inhaltsstoffe verlangen nach einer zeitnahen Verarbeitung nach der Ernte. Zu den Lösungen für dieses Problem gehören wirksame Marketingstrategien und Projekte zur Nutzung von Nebenprodukten aus der Yacón-Verarbeitung. Als Lösungsansatz formulierte sie, dass die Standardisierung von Yacón-Produkten die saisonalen Schwankungen durch optimierte Prozesse minimieren kann.

Die Nutzung von Nebenprodukten wie Schalen und Fruchtfleisch, flüchtige Geschmackskomponenten, FOS aus der Schale und Ballaststoffe in anderen Produkten wie Müsliriegeln und Proteindrinks kann die Nachhaltigkeit der Yacón-Verarbeitung durchaus verbessern.

 

http://www.ivv.fraunhofer.de


Zurück